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Urbane Seilbahn – eine realistische Alternative?

Seit einigen Jahren beschäftigt den Regensburger Stadtrat einem Problem: Das Busnetz ist vollständig ausgelastet, doch die Stadt wird größer und größer, mehr öffentlicher Personennahverkehr wird dringend benötigt. Zudem stehen in den nächsten Jahren massive Eingriffe in den Verkehrsfluss der Stadt durch Renovierungsarbeiten an. Ein alternatives Verkehrsmittel muss her, zwei Vorschläge haben es hierbei in die engere Auswahl geschafft. Zum einen ein eher klassischer Vorschlag: die Stadtbahn, eine Straßenbahn in der Historie einer von 1903 bis 1964 in Dienst befindlichen Bahn. Ein verwegener Vorschlag ist die Seilbahn, konzipiert von Studierenden der Ostbayerischen Technischen Hochschule (OTH) und dem Dekan der Maschinenbau Fakultät, Prof. Dr.-Ing. Ulrich Briem. Dieser Vorschlag sieht vor, im Gegensatz zur Stadtbahn, welche aus Kostengründen mit zwei Linien plant, drei Linien sternförmig durch Regensburg zu verlegen. Diese Gondeln könnten im ein- bis zwei-Minuten-Takt bis zu 10 Personen transportieren und würden -bei Beachtung geltender Grundstücksgesetze und der herrlichen Altstadtsicht- entlang Hauptverkehrsrouten in einer Höhe von 20 Metern über dem Verkehr dahinschweben.

 

Dass solch ein Projekt im ersten Moment unorthodox erscheint, ist eine Untertreibung, jedoch hatten wir das Glück, bereits als Regensburger Hochschulgruppe ein Seminar vor Ort zu veranstalten, bei dem Prof. Briem auch als Gastredner auftrat. Dort zeigte er uns neben den enormen Kostenvorteilen auch die vereinfachte und schnelle Umsetzbarkeit einer Seilbahn auf. Zusammen mit seinem studentischen Team erarbeitete er nicht nur konkrete Streckenführungen und Positionierungen von Pfeiler, Stationen und Umlaufwerken, sondern auch bereits Modelle, wie die Kapazität der Seilbahn bis hin zur letzten Station genutzt werden kann. Eine Lösung, auf die das Team kam, ist die vorzeitige Umlenkung, also „Rückfahrt“ einer bestimmten Anzahl an Gondeln, sodass zum einen weniger Gondeln benötigt werden, zum anderen dem Streckenabschnitt entsprechende Frequentierung und Kapazität an Gondeln vorhanden ist. Urbane Seilbahnen sind in Europa bis auf wenige touristisch genutzte nicht weit verbreitet, jedoch besonders in südamerikanischen Großstädten fundamentale Elemente des Personenverkehrs.

 

Nach diesem Vortrag ließ das Thema Seilbahn uns nicht mehr aus den Fängen. Da wir zudem am Aufbau eines Stiftungsforums, ein stiftungsübergreifendes Projekt, bei dem alle Regensburger Stipendiaten aus allen vertretenen Stiftungen beitragen können, beteiligt waren, kam uns der Gedanke, die Thematik rund um urbane Seilbahnen in einem für alle Stiftungen offenen Seminar zu besprechen.

 

Im Januar konnten wir schließlich alle Stiftungen im Rahmen der gemeinsamen Kooperation einladen, auf einen Abend, an dem es hoch her ging, aber auch angepackt wurde. Zunächst stand nach der Begrüßung eine kleine praktische Übung, inspiriert von der Seilbahn, auf dem Programm. Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer wurden in Gruppen gelost, jede Gruppe bekam daraufhin Spaghetti und Marshmallows, sowie 20 Minuten Zeit, um einen möglichst hohen Turm zu konstruieren. Bei dieser Aufgabe kamen die verschiedenen Stipendiaten bereits in Gespräch, für manche war diese Veranstaltung gar die erste mit ihrer jeweiligen Gruppe. Schnell wurden die Probleme beim Turmbau identifiziert; Marshmallows als Kleber sind leider ein wenig zu fluffig und verführerisch. Nach dem ein oder anderen Einsturz konnten jedoch fast alle Gruppen ihre Konstruktionen messen lassen. Der höchste Turm maß ganze 105 cm, als Seilbahnturm aufgrund mangelhafter Stabilität jedoch eher mäßig geeignet.

 

Nachdem sich alle ein wenig kennengelernt hatten und sich mit übergebliebenen Marshmallows gestärkt hatten, gehörte die Vortragsbühne Prof. Briem. Er stellte uns zunächst die Anwendungsmöglichkeiten einer urbanen Seilbahn vor, sowie den Kosten eines solchen Projektes. Bevor er seine Linienführung für Regensburg präsentierte, ging es erneut in kleinere Gruppen, um mit den Erfahrungen, die sie selbst im Regensburger Verkehr machen konnten, selbst Vorschläge für mögliche Verläufe der Seilbahnlinien zu erarbeiten. Von einem Ring um die Innenstadt, komplementär zum bereits sternförmigen Busnetz, bis hin zu längeren Trassen durch die Stadt hindurch. Die Vorschläge wurden von den Teams vorgestellt und von allen, inklusive Prof. Briem bewertet und kommentiert. Im Anschluss dazu stellte er selbst seinen Entwurf vor, welcher von Studierenden seines Teams entwickelt wurde und drei Linien entsprechend der Verkehrsdaten sich entlang der neuralgischen Verkehrsknotenpunkte verläuft. Den Abschluss bildete noch eine angeregte Diskussion im Plenum über die Machbarkeit, die politischen und gesellschaftlichen Hürden, sowie der Nutzung durch die Bürger. Die Diskussion wurde beschlossen mit einer Anekdote aus Kelheim, einer nahen Stadt, welche dem Ministerpräsidenten Markus Söder eine Seilbahn von Saal/Donau (Stadt mit Bahnhof) nach Kelheim (Kreisstadt ohne Bahnhof) vorschlug und daraufhin die Entgegnung bekam, wieso das Projekt so zaghaft geplant werde und nicht noch bis zur Befreiungshalle Kelheim -einem Kulturdenkmal von 1842, von dem aus das Donautal überblickt werden kann - hinaufführen würde.

 

Die Veranstaltung zusammen mit anderen Stiftungswerken zu bestreiten, bot die einmalige Gelegenheit, sich untereinander zu vernetzen, zu diskutieren und zu debattieren und auch zu sehen, was andere Stiftungen in ihren Programmen zeigen. Kurzum eine Veranstaltung, die wir in Regensburg jederzeit wiederholen würden.

 


Fotos: Privat

 

Autor: Jannik Steinwender

 

Bei Rückfragen wendet euch gern per E-Mail an Jannik unter jannik.steinwender@gmx.de.