
Vorbereitung
Meine Vorbereitung verlief etwas chaotisch, bis fünf Tage vor Abflug wusste ich noch nicht genau, wann und an welcher Uni ich studieren würde. Zunächst hatte ich mich über das Auslandsbüro meiner Universität für die Universidad Nacional de Colombia Sede Bogotá (UNAL) beworben. Dafür habe ich einen Spanisch-Sprachnachweis B1, ein Motivationsschreiben und mein aktuelles Zeugnis eingereicht. Außerdem musste ich nachweisen, über ausreichend finanzielle Mittel zu verfügen. Das geht über einen Kontoauszug oder zum Beispiel einen Stipendiennachweis. Ab April wurde an der UNAL jedoch gestreikt und der Informationsfluss versiegte fast vollständig. Ende Mai wurde klar, dass der Semesterstart sich um mindestens zwei Monate verschieben würde. Das stellte mich als unspontanen Menschen, der auch schon sein Zimmer untervermietet hatte, vor Probleme. Deshalb habe ich mich am Ende entschieden, auf die Universidad del Rosario zu wechseln, was nach sehr vielen Mails kurz vor knapp dann auch noch funktioniert hat.
Ansonsten habe ich nur ein Flugticket und eine Auslandskrankenversicherung besorgt. Es schadet auch nicht, noch einmal den Impfpass überprüfen zu lassen. Wer länger als sechs Monate im Land bleiben oder arbeiten möchte, benötigt ein Visum.
Fächerwahl
Eine Übersicht über die angebotenen Fächer gibt es hier: https://guiaacademica.urosario.edu.co/ . Als Austauschstudent muss man zwischen 16 und 20 Credits belegen. Im Semester gibt es insgesamt drei Prüfungsphasen, man bekommt aber auch teils Punkte für Anwesenheit oder kleine Referate zwischendurch. Vor Ort ist es auch noch möglich, in den ersten Tagen einzelne Kurse zu wechseln. Viele Kurse starten schon um 7 Uhr morgens. Meistens dauert eine Vorlesung drei Stunden.
Unterkunft
In Bogotá habe ich in einem Coliving in Teusaquillo gewohnt. Meiner Meinung nach der beste Stadtteil: Nah am Zentrum, viele Bars, Bäckereien und nicht zuletzt der Campus der Universidad Nacional, auf dem jede Woche Filme gezeigt werden und auf dem jeden Donnerstag Party ist. Mein erstes Zimmer bei Tabula Rasa habe ich schon von Deutschland aus gemietet. Das ist aber nicht unbedingt notwendig, man kann stattdessen auch erst in einem Airbnb wohnen und sich dann ein Zimmer suchen. Für mein erstes Zimmer habe ich 300 Euro monatlich gezahlt, für das zweite 250 Euro.
Studium an der Gasthochschule
Beim Telefonieren mit meinen Freunden habe ich meistens von Unterricht statt von Vorlesungen und von Schule statt von Uni geredet. Mit Anwesenheitspflicht und wöchentlichen Abgaben hat es sich nämlich genauso angefühlt. Es war auf jeden Fall auch nicht so stressig wie in Deutschland. Zwar war ich vermutlich deutlich häufiger da, aber musste dafür fast nie etwas am Wochenende machen. Etwas schade finde ich, eher wenig neue Dinge gelernt zu haben. Meine Veranstaltungen haben mich auch nicht wirklich zum Nachdenken angeregt. Stattdessen habe ich mindestens dreimal gelernt, was Opportunitätskosten sind. Von Freunden habe ich gehört, dass das an der UNAL anders sein soll.
Ansonsten hat es mir aber an der Uni an nichts gemangelt: Von kostenlosem Gym, zu virtuellem Golf, Tischtennisplatten, bis Fahrradverleih: Für die etwa 3800 Euro Semestergebühren im Fach Wirtschaft bekommt man schon einiges geboten. Allerdings führen die Gebühren natürlich auch dazu, dass nicht jeder an der Uni studieren kann.
In allen Fächern habe ich kolombianische Mitstudierende für Projektarbeiten oder Referate gefunden, mit denen ich danach auch gerne zusammen Mittagessen war. Meine zwei besten Freunde hatten allerdings sehr weite Anfahrtswege zur Uni (jeweils über zwei Stunden), weshalb wir uns hauptsächlich in der Uni getroffen haben.
Alltag und Freizeit
Meine Freizeit habe ich sehr gerne auf dem grünen Campus der UNAL verbracht. Außerdem habe ich mir viele Museen in Bogotá angeschaut. Empfehlen kann ich auch die Theateraufführungen im Teatro Taller der Universidad Distrital und das Kurzfilmfestival BogoShorts. Für Reiselustige finden sich sehr viele Ausflugsziele in der Umgebung, zum Beispiel auf die Páramos.
Budget
Mit der Unterstützung der KAS und Kindergeld konnte ich mir einen guten Lebensstandard leisten und hatte mehr zur Verfügung, als manch einer meiner Vollzeit arbeitenden Mitbewohner. An der Stelle: Danke für die Möglichkeit, so frei ein Semester im Ausland zu verbringen.
Autorin: Anna Abraham